Großer böser Wolf
Donnerstag, 26. Juni 2014
Wenn Worte meine Sprache wären
Die Tür zum Keller quietscht viel zu laut, als ich sie einen Spalt öffne um hinein zu sehen.
Es war lange nicht mehr so laut hier unten.
Plötzlich ist sein Gesicht direkt vor meinen Augen und er schreit mich an, das Maul weit aufgerissen so dass ich seine Raubtierzähne sehen kann.
Nach Luft schnappend schrecke ich zurück und schließe schnell wieder die Tür.
Heftig atmend drücke ich mich dagegen, aus Angst sie könnte aufspringen und er würde mich zerfleischen.
Mit zitternden Händen schaue ich wieder auf mein Handy, auf der ihre Aufforderung steht.
"Frag ihn.", steht da.
"Ich kann nicht.", schreibe ich zurück.
Ich habe zu große Angst.
Angst vor ihm.
Selbst wenn ich ihn frage, ich weiß, er wird mir nicht antworten, denn er hat seine Worte verloren und schreit nur noch herum.
Aber so war er schon immer.
Etwas fliegt gegen die Tür und ich zucke wieder heftig zusammen, zwinge mich nicht zu weinen.
Nicht jetzt.
Nicht hier.
Tief ein und ausatmen.
Noch einmal.
So ist es gut.
Der Lärm hinter der Tür erinnert mich an ein wildes Tier.
Schlimmer als ein wildes Tier.
Seine Zerstörungswut ist förmlich greifbar, sie schnürt mir die Kehle zu.
Ich höre wie seine Fäuste und sein Kopf gegen die Tür knallen und sie aufzubrechen versuchen.
"ICH HASSE DICH!!!", schreit er, als wären es die einzigen Worte die er kennt. Deren Bedeutung er überhaupt kennen müsste.
Wieder schlägt sein Kopf gegen die Eisentür und seine Krallen schaben daran.
Jetzt weine ich wirklich und sacke zitternd an der Tür hinab, da meine Beine mich nicht mehr tragen wollen.
Sein schnaufen kann ich immernoch hören.
Es ist unerträglich.
Wieder ein Brüllen, als wäre er angeschossen worden. Er klingt nicht einmal mehr wie ein Mensch.
Ich kotze neben mich, die Hände auf den Magen gedrückt.
Ich komm einfach nicht mehr auf die Beine, ich kann nicht mehr davon laufen.
Mir wird schwindelig.
Der Lärm wird leiser.
Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es wieder still und ich öffne vorsichtig die Tür, aber nur einen winzigen Spalt breit.
Er ist weg.
Der Raum ist verwüstet, sein Thron auseinander genommen und die Leichenteile überall verstreut.
Blut. Frisches Blut klebt an den Wänden.
Kratzspuren und Erbrochenes zieren sie.

Aber er, er ist weg.
Hoffentlich für eine längere Zeit wieder.

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